LowPerforming im Homeoffice oder wenn die Arbeit zum Störfaktor im Homeoffice wird

Ein Text von
Dr. Markus Dobler
Erschienen am
18.3.2024

Remotes Arbeiten ist seit der Coronakrise plötzlich nicht nur gesellschaftsfähig geworden, sondern eine regelmäßige Forderung vieler Bewerber/innen und vieler bestehender Mitarbeiter/innen in den Unternehmen.

Viele sehen das Arbeiten von Zuhause als Privileg. Die Betriebsräte fordern daher regelmäßig, dass dieses Privileg zwangsläufig auch allen zur Verfügung gestellt wird.

Doch remotes Arbeiten ist an sich kein Privileg. Es mag sein, dass es für einige eine massive Erleichterung ist, weil sie den Arbeitsweg nicht auf sich nehmen müssen. Für andere ist es die Hölle, weil sie keinen persönlichen Kontakt zu anderen Kolleg/innen mehr haben und weil sie eben gerade keinen Arbeitsweg haben.

Rein betriebswirtschaftlich und damit auch LOGISCH betrachtet, werden Mitarbeiter/innen eingestellt, um eine geforderte Arbeit zu erledigen. Dafür müssen sie Leistung erzeugen.

Um Leistung zu erzeugen, benötigt ein Mitarbeitender grundsätzlich Potential. Das Potential kann nur zur Geltung kommen, wenn dieses Potential nicht gestört wird.

Gestört wird das Potenzial eines Mitarbeitenden u.a. durch die eigene Führungskraft, die nicht selten ein Störfaktor statt ein Nutzfaktor ist und auch durch die Umgebung, in der die Leistung erzeugt werden soll.

Ist diese Umgebung so, dass Mitarbeitende störungsfrei eine Topleistung abgeben können, sollte man als Arbeitgeber die Mitarbeiter/innen dorthin versetzen, wo das der Fall ist.

Ist diese störungsfreie Umgebung zuhause, dann soll der Mitarbeiter ab nach Hause. Ist diese störungsfreie Umgebung zuhause nicht gegeben, sondern im Büro, müssen Mitarbeitende logischerweise im Büro arbeiten und wenn Mitarbeitende die beste Performance im Wald erzeugen, sollen sie dort arbeiten.

 

Soweit zur LOGISCHEN Theorie.
Menschenfunktionieren jedoch nicht LOGISCH, sie funktionieren PSYCHO-LOGISCH.

Und psychologisch betrachtet, existieren zwei Extreme, die im eigenen Heim für das Unternehmen arbeiten. Die einen können kaum aufhören zu arbeiten. Sie vertiefen sich derart in die Arbeit, weil sie kaum gestört werden. Sie finden gewissermaßen kein Ende.

Das andere Extrem findet gewissermaßen keinen Anfang. Das sind jene Menschen, die durch ihr Heim genug zu tun haben. Sei es mit der Wäsche, mit den Hunden, mit den Kindern, mit den Nachbarn oder dem Garten. Alternativ auch mit dem aktuellen Umbau, der gerade alle Energie beansprucht.

Beide Extreme sind, wie alle Extreme, schädlich. Sie sind schädlich für das Unternehmen und schädlich für die Mitarbeitenden. Zwischen den Extremen gibt es jede Art von Menschen. Die Frage ist lediglich, zu welchem Extrem jemand tendiert. Denn bei jenem Extrem, bei dem Mitarbeiter/innen nicht aufhören können, hat der Arbeitgeber eine arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht gegenüber dem Mitarbeitenden und bei jenen, die keinen Anfang finden, hat er eine wirtschaftliche Fürsorgepflicht gegenüber dem Unternehmen.  

In beiden Polen der Extreme sind Regeln und damit Kontrollmechanismen notwendig um der Fürsorgepflicht gerecht zu werden.

 

So ist es sinnvoll, bei denen die tendenziell nicht aufhören können, ein klares Monitoring der Arbeitszeit durch die Führungskraft sicherzustellen.

Hingegen ist es bei jenen, die mir der Tendenz in die andere Richtung gehen, zielführend, ein Konsequentes Monitoring der Arbeitsergebnisse durchzuführen.

Der Arbeitgeber ist aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes berechtigt, tägliche Arbeitsrapporte zu verlangen. Auch die regelmäßige Abstimmung per Videokonferenz hat sich als Tool bewährt: Täglich kann der Arbeitnehmende mittags kurz berichten, was er bisher erreicht hat und was ansteht.

Interessanterweise glauben Arbeitgeber häufig, dass dem arbeitsrechtliche Hürden entgegenstünden. Muss da nicht der Betriebsrat zustimmen? Ist das schon Schikane oder Mobbing?

Oder eine unverhältnismäßige Anweisung? Nein, grünes Licht vom Arbeitsrecht! Da ist es gut zu wissen, dass das Einzige, was dem entgegensteht die Bequemlichkeit der Führungskraft ist. Denn, dass so enge Führung mit Aufwand verbunden ist, das ist kein Geheimnis.

Zielführend ist es zudem, vor einer Genehmigung für ein remotes Arbeiten die Umstände zu prüfen.  

Dabei ist zu prüfen, ob die Umgebung wirklich störungsfrei ist. Dies ist zum Beispiel kaum zu vermuten, wenn in einer zwei Zimmerwohnung zwei Erwachsene, drei Kleinkinderund zwei große Hunde leben. Natürlich darf der Arbeitgeber hier die privaten Lebensumstände des Arbeitnehmers nicht übermäßig durchleuchten.

Indes greiftauch hier die Fürsorgepflicht: Der Arbeitgeber darf den Mitarbeiter nicht in einem Umfeld arbeiten lassen, welches von Anfang an vollkommen ungeeignet ist.

 

Ebenso sollte der Datenschutz geprüft werden. So ist es beispielsweise nicht statthaft, dass Dritte Einblick auf den Bildschirm haben dürfen. Dabei reicht es, wenn die theoretische Möglichkeit besteht, dass im Haushalt, eine Person einen Blick auf den Bildschirm werfen könnte. Somit ist von Zuhause arbeiten faktisch nur möglich, wenn es ein abschließbares Extrazimmer gibt oder die Person alleine lebt.

Als nächstes müssen die technischen Voraussetzungen geprüft werden.  Wir leben in Deutschland, da ist es keinesfalls selbstverständlich, dass jeder die technischen Voraussetzungen nutzen kann. Dies fängt mit der Leitung an und endet mit den Endgeräten, die eben häufig nicht geeignet sind, um remote zu arbeiten.

Am Ende geht es um die Einstellung bei allen Beteiligten. Die Führungskräfte sollten die logischen Aspekte ebenso berücksichtigen, wie die psychologischen Aspekte und die Mitarbeitenden sollten aufhören, remote Arbeiten als Privileg zu sehen, sondern sich stattdessen die ehrliche Frage stellen, in welcher Umgebung sie wirklich die beste Leistung abgeben können, denn genau dafür haben sie einst einen Vertrag geschlossen.

Einige Arbeitgeber sollten bei den psychologischen Aspekten auch ihre eigenen Ängste betrachten und remote Arbeiten weniger als Feind, als vielmehr als zusätzliches Werkzeug der eigenen Führung sehen.  Denn remote Arbeiten ist nicht das Problem. Es wirkt in der Führung nur wie eine Lupe, die alles, was vorhanden ist, ebenvergrößert. Die Probleme, die eine Führungskraft in Präsenz hat, werden nur deutlicher sichtbar im remoten Arbeiten.