Was der aktuelle Vertrauensverlust in die Regierung mit Change Management zu tun hat

Ein Text von
Dr. Markus Dobler
Erschienen am
16.2.2021

“Ich habe sehr wohl Respekt vor dem Virus, aber keinen Respekt mehr vor dem Krisenmanagement der Regierung”.

Dies war ein Kommentar eines Kunden von uns, den ich hier mit seiner Genehmigung zitiere, ebenso wie die folgenden vier:

“Natürlich leben wir nicht in einer Diktatur, das ist Unsinn, aber das Licht der Demokratie wurde doch arg gedimmt.”

"Die Wirtschaft verlangt Planungssicherheit von einer Regierung, die so offensichtlich völlig planlos handelt, genau mein Humor."

“Ich habe mittlerweile mehr Angst vor dem, was Prinz Valium (Anmerkung DDO: gemeint ist wohl Olaf Scholz) oder der Sonnenkönig aus Bayern beschließen, als vor dem Virus selbst.”

"Jaja, die wollen den Virus vernichten. Ist klar. Vernichtet haben sie vor allem Millionen von Existenzen, die Bildung und das Vertrauen in die Regierung."

Wie kommt es eigentlich zu so einem massiven Vertrauensverlust?

Wie kommt es eigentlich, dass immer mehr Menschen, das Vertrauen in die Regierung verlieren?

Die Effekte, die wir auf Bundes- und Landesebene erleben, sind dieselben, die wir in vielen Unternehmen erlebt haben, wenn das Management Elementares innerhalb des Unternehmens verändern wollte. Es sind die Effekte eines jeden Change Managements.

Am Anfang haben die Maßnahmen immer mehr Befürworter als Gegner und gegen Ende immer mehr Gegner als Befürworter.

Wieso ist das so?

Der Grund liegt wie immer nicht in der Logik, sondern in der “Psycho-Logik”. Denn ob Menschen einer Maßnahme und den Umsetzern vertrauen, hängt von folgenden drei Aspekte ab:

A.       die Art der Kommunikation,

B.       die Nachvollziehbarkeit dessen, was kommuniziert wird, und last but not least,

C.       die Taten, die nach der Kommunikation folgen.

Je belehrender die Art der Kommunikation ist und je mehr sie von oben herab erfolgt, desto mehr Widerstand erzeugt man damit bei den Mitarbeitern.

Je spärlicher die Kommunikation ist, desto mehr Fläche für Spekulationen, bis hin zu Verschwörungstheorien bietet sie.

Je unlogischer und widersprüchlicher die Kommunikation ist, desto mehr Widerstände baut sie bei Mitarbeitern auf. Und je mehr sich die Manager widersprechen, desto unglaubwürdiger werden diese selbst in einem Betrieb.

Nun übertragen wir einmal die Lehren des Change Managements auf die jetzige Situation in der Bundesrepublik. Dabei geht es explizit nicht darum, die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zu beurteilen. Es geht um die Kommunikation dieser Maßnahmen.

Die Art der Kommunikation

Beginnen wir also mit der Art der Kommunikation.

Wenn sich die Bundeskanzlerin, als offiziell einflussreichstes Regierungsmitglied hinstellt und mit sichtbarer Geduld, wie eine Grundschullehrerin im Interview alles nachvollziehbar erklärt und mit der Inbrunst der Überzeugung proklamiert, dass im Großen und Ganzen nichts schiefgelaufen sei obwohl alle Welt das Gegenteil zu erkennen glaubt, fördert dies kein Vertrauen, sondern Missmut und Unverständnis, denn Menschen wollen, dass jemand die Verantwortung übernimmt.  

Die Nachvollziehbarkeit der Kommunikation

Gehen wir nun zur Nachvollziehbarkeit über. Nietzsche prägte einst den Satz: “Wer ein WARUM hat, erträgt fast jedes WIE”.

Menschen sind bereit, vieles zu ertragen, wenn sie wissen WOZU und sie das WIE nachvollziehen können.

Epidemiologisch mag die Einschränkung der haushaltsfremden Personen vielleicht zielführend sein. Doch eine Regel, bei der eine haushaltsfremde Person zwar ein Ehepaar besuchen darf, dieses jedoch umgekehrt nicht die Einzelperson, ist für Menschen, die betroffen sind, schwer nachvollziehbar und fördert naturgemäß Widerstände. Ebenso, wenn eine Lebensgemeinschaft, die den ganzen Tag zusammenlebt, abends nach 21 Uhrjedoch plötzlich keinen Spaziergang mehr an der frischen Luft tätigen darf.  Völliges Unverständnis erlebt eine Maßnahme beispielsweise auch, wenn sie offensichtlich als widersprüchlich empfunden wird, wie z.B. die strikte Einhaltung von 2 Meter Abstand am Flughafen, während die Menschen anschließend im Flugzeug 20 cm neben den Sitznachbarn sitzen und das obwohl Wissenschaftler nachgewiesen haben, dass das Virus sehr wohl auch im Flugzeug übertragen werden kann

Und wie erklärt man den Eltern, dass sie nun landeshoheitliche Aufgaben, wie Schulunterricht für über 12 Monate kostenlos zusätzlich zu ihrem ohnehin schon vollgestopften Tag, übernehmen sollen, obwohl bei vielen die Voraussetzungen gar nicht vorhanden sind? Wie will man den Bürgern verständlich machen, wieso die Ansteckungsgefahr nun bei den Friseuren plötzlich ab März geringer sein soll, als bei H&M und Co?

Ja, die Liste ließe sich sicher noch lange erweitern, doch das Ergebnis läuft stets auf dasselbe hinaus: Was als unsinnig, widersprüchlich oder sogar kontraproduktiv empfunden wird, löst stets Widerstände bei jenen aus, die die Maßnahmen einhalten sollen.

Die Taten nach der Kommunikation

Kommen wir nun zum letzten und wichtigsten Part der Kommunikation im Change Management und im Krisenfall: den Taten nach dem Kommunizieren.

Nichts erodiert das Vertrauen schneller, als Taten, die angekündigt werden, aber hinterher nicht erfolgen. Denn Vertrauen ernährt sich ausschließlich von Verlässlichkeit und die Verlässlichkeit ernährt sich von der Klarheit.

Wenn also Wirtschafts-Bazookas großspurig und unbürokratisch angekündigt werden und hinterher bei denen, die entschädigt werden sollen, exakt nichts ankommt oder nach monatelangem Warten so wenig, dass es sich wie nichts anfühlt, ist das eben nicht vertrauensfördernd.

Wenn man monatelang den R-Wert als die relevante Zahl proklamiert, die unter 1 sein muss, dann plötzlich anstelle des R-Werts, den Inzidenzwert ins Spiel bringt, verwirrt das den Laien verständlicherweise. Wenn man dann monatelang den Inzidenzwert von 50 predigt, mit der Begründung, dass die Gesundheitsämter, die man jahrelang kaputtgespart hat, ansonsten die Rückverfolgung nicht schaffen, weil sie noch mit Faxgeräten arbeiten, ist dies für einen Bürger dieses Landes im Jahre 2020 an sich schon recht irritierend. Wenn man diese Zahl jedoch ohne erkennbaren Grund dann plötzlich auf 35 absenkt, sobald der Inzidenzwert von 50 erreicht wurde, dann erschüttert dies nicht nur das Vertrauen, sondern auch die Motivation aller Betroffenen. Und wenn der Chef des RKI in einer Live-Sendungplötzlich erklärt, dass die Inzidenzzahl nicht wirklich geeignet ist, um Lockerungen der Maßnahmen zu entscheiden,  sondern es andere Parameter gäbe, dann ist die Verwirrung beim Bürger komplett. Das ist der Moment, wo auch bislang Überzeugte der Maßnahmen langsam von Zweifeln befallen werden.

Wer im Nachgang die Bedingungen für die Entschädigungen, die Novemberhilfen genannt wurden, klammheimlich ändert, um einer EU-Richtline gerecht zu werden, so dass Unternehmer teilweise plötzlich als Subventionsbetrüger dastehen könnten, fördert dies ebenfalls kein Vertrauen, sondern vor allem eines: Unverständnis und Wut bei den Betroffenen. Ein Kunde hat es in seiner Wut dann so ausgedrückt:

“Die pissen uns auf den Kopf und haben mittlerweile noch nicht einmal mehr den Anstand, uns das als Regen zu verkaufen.”

Die aktuelle Kommunikation mag dann wohl auch der Grund sein, wieso der Auftritt des Oberbürgermeisters von Rostock, Claus Ruhe Madsen, im ZDF so viel Anklang gefunden hat, als er die Frage stellte:

“Bekämpfen wir den Menschen oder den Virus?”

Selbstverständlich ist diese Liste auch hier nicht erschöpfend, doch es bringt wenig, weitere Beispiele von missglückter Kommunikation aufzuzeigen und noch weniger bringt es, zu schimpfen und sich darüber aufzuregen. Was geschehen ist, ist geschehen und nun ist es, wie es ist. Die Verantwortlichen für das Impf-Debakel, für das Test-Debakel und für das Masken-Debakel zur Rechenschaft zu ziehen, bringt wenig, denn jeder der Verantwortlichen, wird am Ende beweisen, dass er unschuldig ist.

Wichtig ist stattdessen, jetzt das Beste daraus zu machen und dafür sind wir alle verantwortlich. Ebenfalls wichtig ist jetzt, den Blick nach vorne zu richten und die Frage zu klären, wie können wir es beenden?

Ohne Frage, die Regierung hat zzt. keinen leichten Job und es gibt kein Patentrezept und auch nicht das richtige Vorgehen. Doch egal für welchen Weg man sich am Ende entscheidet, drei Maßnahmen sind für jedes Change Management und auch in dieser Krise unentbehrlich:

  1. Die Betroffenen müssen in die Entscheidungen endlich involviert werden, statt stets über deren Köpfe Beschlüsse zu fassen und sich danach zu wundern, wieso diese nicht begeistert mitmachen.
  2. Es ist an der Zeit, mit den eigenen Bürgern, deren Interesse man ja offiziell verfolgt, wieder ehrlich, transparent, nachvollziehbar und vor allem respektvoll zu kommunizieren.
  3. Und es ist an der Zeit, das, was man verkündet, auch schlicht einzuhalten.

Das ist an sich ganz einfach, in der Praxis jedoch nicht leicht. Und doch ist es der einzige Weg, um das Vertrauen der Bürger in die Regierung wieder herzustellen. Und wenn das Vertrauen wieder steigt, wird sich auch die Zahl derer, die die Maßnahmen unterstützen, wieder erhöhen.  

In diesem Sinne

Dr. Markus Dobler