Warum Frauen die erfolgreicheren Führungskräfte sind

Ein Text von
Esther Ortloff, Dr. Markus Dobler
Erschienen am
10.2.2020

Wozu sind Führungskräfte überhaupt da?

Zunächst einmal muss zwischen Management und Führung unterschieden werden. Das Management fällt die strategischen Entscheidungen und definiert demnach die operativen Ziele, welche die Führungskraft mithilfe von Mitarbeiterinnen liefern muss. Manager haben nicht zwingend Mitarbeiterinnen, Führungskräfte immer – sonst können sie ja nicht führen.

Die zentrale Aufgabe der Führungskräfte ist es, Mitarbeiter*innen dazu zu bringen, die ziellogischen Strategien des Managements erfolgreich (also effektiv) umzusetzen.

Aus diesem Grund müssen Führungskräfte ihre Mitarbeiterinnen genau dazu befähigen und ihre Einzelleistungen so bündeln, dass die Zielsetzung gemeinsam erreicht werden kann. Insofern ist die Leistung von Führungskräften daran zu messen, ob ihnen das gelungen ist. Führungskräfte sind demnach erfolgreich (effektiv) oder eben nicht. Sie haben es geschafft, ihre Mitarbeiterinnen nicht zu demotivieren, und sie dazu gebracht und befähigt, die Unternehmensentscheidungen richtig umzusetzen – oder eben nicht.

In Bezug auf die Mitarbeiter*innen kann festgestellt werden, dass Führungskräfte vor allem in zwei Situationen führen:

  1.  Wenn Führungskräfte Aufgaben an Mitarbeiter*innen abgeben bzw. verteilen müssen und
  2.  im Feedback, nachdem die Mitarbeiter*innen die Aufgaben ausgeführt haben oder nicht.

In beiden Situationen wird anhand von Kommunikation geführt. Will eine Führungskraft also effektiv (= erfolgreich) führen, benötigt sie logischerweise auch eine effektive Kommunikation.

Um effektiv zu kommunizieren, benötigt die Führungskraft folgende fünf Kommunikationskompetenzen bzw. Führungskompetenzen:

Klarheit

Lösungsorientierung

Achtsamkeit

Respekt

Konsequenz (im weitesten Sinne Anpassung)

KLARA© ist ein von Dr. Dobler-Optimierung entwickeltes Führungsmodell.

Was sagt die Statistik?

Frauen in Führungspositionen sind nach wie vor unterrepräsentiert. Im Jahr 2018 betrug der Frauenanteil an der Spitze privatwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland gerade einmal 26 Prozent. Auf zweiter Führungsebene sind Frauen mit einem Anteil von 40 Prozent zwar deutlich häufiger vertreten, aber im Vergleich zum Beschäftigungsanteil von 44 Prozent immer noch nicht adäquat repräsentiert.

Die Studie des IAB (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung) von 2019 zeigt auch, dass in Ostdeutschland sowohl in der ersten wie auch in der zweiten Führungsebene der Frauenanteil größer ist als in Westdeutschland. Es ist außerdem festzustellen, dass seit dem ersten Erhebungsjahr 2004 der Anteil von Frauen in Führungspositionen zwar im „Schneckentempo“ angestiegen ist, allerdings erfolgte dieser Anstieg maßgeblich im Zeitraum 2004 bis 2012. In den Folgejahren hat sich der Aufwärtstrend abgeschwächt und seit 2016 ist gar keine Veränderung mehr zu beobachten – und das trotz Einführung des Gesetzes zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen. Im öffentlichen Sektor ist der Anteil von Frauen auf beiden Führungsebenen höher als in der Privatwirtschaft. Das liegt daran, dass im öffentlichen Sektor bereits seit vielen Jahren Gleichstellungsgesetze existieren, die auch die Stärkung der Präsenz von Frauen in Führungspositionen zum Ziel haben.

Verglichen mit ihrem Anteil an den Beschäftigten aber sind sie nicht besser vertreten als in der Privatwirtschaft, auf der zweiten Ebene sogar deutlich seltener.

Die Gründe, wieso Frauen seltener Führungspositionen innehaben, sind vielfältig, wie nachfolgend zu lesen ist. Es hat allerdings nichts damit zu tun, dass sie weniger erfolgreich sind als Männer. Ganz im Gegenteil sogar. Dr. Markus Dobler, Arbeitspsychologe und Inhaber von Dr. Dobler-Optimierung, postuliert, dass seine Erfahrungen der letzten 20 Jahre ihm immer wieder zeigen, dass Frauen die besseren und damit erfolgreicheren Führungskräfte sind.  

Warum gibt es mehr Männer in Führungspositionen als Frauen?

Frauen entscheiden sich häufig für Berufe, die mit strukturellen Nachteilen wie geringere Aufstiegschancen auf obere Führungsebenen verbunden sind.

Auswahlverfahren sind meist nicht standardisiert und wenig transparent, was zu Geschlechterdiskriminierung führt, denn bekanntlich entscheidet sich Schmidt für Schmidtchen.

Männer halten sich oft für talentierter und kompetenter als sie in Wirklichkeit sind (dieses Phänomen ist als Dunning-Kruger-Effekt bekannt) und strahlen so ein großes Selbstbewusstsein aus. Bei Frauen ist es andersrum. Sie sind weniger selbstbewusst obwohl sie deutlich kompetenter sind als ihre männlichen Kollegen. Die Folge ist, dass Männer gerade in Vorstellungsgesprächen gegenüber Frauen punkten, weil ihr großes Selbstbewusstsein falsch interpretiert wird.

Für Frauen ist der Zugang zu karriereförderlichen informellen Netzwerken noch immer nicht selbstverständlich.

Stereotype, die Frauen bestimmte Verhaltenserwartungen wie eine geringere Karriereorientierung zuweisen, stellen zusätzliche Probleme auf dem Weg nach oben dar.

Es gibt nach wie vor zu wenig weibliche Vorbilder.

Zudem erschwert Frauen die weit verbreitete traditionelle Arbeitsteilung in den Familien das berufliche Fortkommen. Aufgrund von Betreuungspflichten und der damit verbundenen zeitlichen Restriktionen stellen Frauen oft ihre eigenen Karriereabsichten zurück. Ebenso kann es sein, dass sie von ihren Vorgesetzten nicht für Karrieren vorgesehen werden. Hinzu kommt, dass Führungspositionen häufig mit überlangen Arbeitszeiten und hohen Erreichbarkeitsanforderungen einhergehen. Frauen mit familiären Verpflichtungen fällt deshalb die Entscheidung für eine Managementaufgabe besonders schwer.

Wieso sind Frauen die erfolgreicheren und damit besseren Führungskräfte?

Obwohl Männer also viel häufiger in Führungspositionen landen, sind sie nicht zwangsläufig besser und erfolgreicher als ihre weiblichen Mitstreiterinnen. Unsere langjährigen Erfahrungen im Bereich der Analyse und Entwicklung von Führungskräften zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist. Folgende Gründe führen zu unserer Überzeugung:

  1. Die wenigsten Frauen wollen wirklich führen. Wenn sie es aber dann doch tun, konzentrieren sie sich auf die Sache und treffen ziellogische Entscheidungen, arbeiten also lösungsorientiert. Wohingegen viele männliche Führungskräfte in erster Linie führen, um ihren Narzissmus zu füttern und um Bestätigung zu bekommen.
  2. Männliche Führungskräfte sind meist im Kampfmodus und versuchen stets zu beweisen, dass sie schneller und besser sind bzw. länger und härter arbeiten. Frauen sind eher auf Harmonie bedacht und stellen ihr Ego hinten an.
  3. Wenn Männer lösungsorientiert sind, setzen sie sich häufig über die Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen hinweg und liefern schon Lösungen, ohne das Problem zu kennen. In ihrer Arroganz zeigen sie keine Schwäche und fragen auch nicht jemanden, der sich damit auskennt, sondern entscheiden irgendwas. Weibliche Führungskräfte hingegen setzen auf demokratische Mitbestimmung. Sie verstehen es, Mitarbeiterinnen abzuholen und mit ins Boot zu nehmen.
  4. Frauen sind in der Regel weniger korrupt als Männer. Im Fokus ihrer Arbeit steht die Sache und nicht ihr persönliches Wohl. Das zeigt sich auch in der Politik. Je mehr Frauen im Parlament und in der Regierungsführung eines Landes vertreten sind, desto weniger korrupt ist das Land. Entscheidungen werden also nicht zugunsten des eigenen, sondern des unternehmerischen Erfolgs gefällt.
  5. Eine schwedische Studie aus dem Jahr 2019 kam zu dem Ergebnis, dass Frauen in Führungspositionen als kompetenter (fachlich wie sozial) gelten, weil sie sich auf ihrem Weg nach oben meist gegen wesentlich mehr Widerstände haben behaupten müssen als Männer. Außerdem sind sie kooperationswilliger. Beides wird von Mitarbeiter*innen immer mehr gewürdigt und gewünscht.

Zusammenfassend kann man sagen, Frauen führen der Sache wegen, demokratisch und mit Empathie. Männer allerdings, um ihr Ego zu befriedigen und ihre Macht zu beweisen. *Natürlich aber kann unsere Erfahrung nicht generalisiert werden. Es gibt Ausnahmen auf beiden Seiten und nicht jeder Mensch fällt in dieses Raster.

Wie kann der Frauenanteil in Führungspositionen erhöht werden?


Seit Januar 2016 ist das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Kraft. Eine Quote von 30 Prozent für Frauen in Aufsichtsräten von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen ist damit gesetzlich festgelegt. Zudem müssen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils auch in Vorständen und der obersten Führungsebene festlegen und darüber berichten. Sanktionen haben die Betriebe allerdings nicht zu befürchten, wenn sie diese selbst gesteckten Ziele nicht erreichen.

Und genau hier liegt der Fehler. Wieso sollte eine männerdominierte Führungsebene freiwillig etwas an ihrer Machtposition ändern? Wieso Frauen mit an den Tisch lassen, wenn Männer doch gerne unter sich sind?

Aus unserer Sicht gibt es drei Möglichkeiten mit der Problematik des zu geringen Frauenanteils in Führungspositionen umzugehen:

  1. Wenn Frauenquote, dann richtig. D.h. es müssen klare Vorgaben per Gesetz eingeführt werden, und zwar mit konkreten Sanktionen. Wer sich nicht dran hält, wird bestraft. Sinnvoll es ist allerdings, die Frauenquote an die jeweilige Branche anzupassen. Es mag nun der Aufschrei kommen, dass Posten dann nur noch nach Geschlecht vergeben werden und nicht mehr nach Kompetenz. Dieser Einwand ist jedoch Ausdruck männlicher Angst und eines angegriffenen weiblichen Egos. Beides hat in der Diskussion um Gleichstellung allerdings nichts verloren, denn Emotionen machen uns blind für die wahren Kompetenzen einer Person. Der Haken dieser Option ist aber, wie mit Trans-Personen umzugehen ist. Zählt außerdem das äußere biologische Geschlecht oder die innere Geschlechteridentifikation?
  2. Unabhängig ob Frauenquote oder nicht, müssen sich die Arbeitsbedingungen ändern und Strukturen geschaffen werden, die es Frauen (und Männern) erleichtern, auch mit familiären Verpflichtungen Führungspositionen einzunehmen. Konkret heißt das, flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle, die Möglichkeit von Home Office, Jobsharing, bessere Kinderbetreuung etc. Auswahlverfahren müssen transparenter und fairer werden. Darüber hinaus muss sich das Frauenbild vieler Männer wandeln, von der Hausfrau hin zur kompetenten Vorgesetzten.
  3. Wir müssen weg von der binären Geschlechterdefinition. Und weiter noch, ein neues Menschenbild muss her. Es muss völlig egal sein, ob eine Person Kinder gebären kann oder einen Bart trägt. Diese Option ist deutlich schwieriger umzusetzen, aber umso nachhaltiger. Der ewige Geschlechterkampf kann nur mit Aufklärung, Akzeptanz und Respekt beendet werden. Wir brauchen Chancengleichheit für alle. Inklusion statt Exklusion in allen Bereichen des Lebens. Wir sind sicher, dass das Ergebnis eines neutralen Menschenbildes eine repräsentative Verteilung aller Führungspositionen darstellen wird.  

Bis wir aber in einer völlig gleichberechtigten Gesellschaft leben, ist es notwendig, auf allen drei Ebenen aktiv zu werden. D.h. strukturelle Veränderungen in den Organisationen und Institutionen, eine richtige Frauenquote mit entsprechenden Konsequenzen plus ein wertfreies Menschenbild.

Stimmen Sie uns zu? Sind Sie interessiert an Seminaren rund um das Thema Frauen in Führungspositionen? Wir coachen und entwickeln weibliche Führungskräfte! Männer und Menschen mit Beeinträchtigungen natürlich auch.