Ist der Begriff „Rassistisch“ nicht selbst bereits rassistisch?

Ein Text von
Dr. Markus Dobler
Erschienen am
16.2.2020

Das Wort Rassismus ist ein aktuell beliebtes Wort, was zzt. omnipräsent durch alle Medien und durch soziale Netzwerke geistert. Das Wort scheint, hochemotional besetzt und auch zu einer ultimativen Diffamierungswaffe zu verkommen und muss mittlerweile für jede Art von Diskriminierung herhalten.

Jene, die andere mit dem Wort „Rassist“ betiteln, handeln vielleicht in jener guten Absicht, dass Ausgrenzung und die Klassifizierung von Menschen sich nie mehr wiederholen sollen. Doch betrachtet man einmal das Wort rassistisch in seinem ursprünglichen Sinne etwas genauer, kommt der Verdacht hoch, dass mit dem Austeilen dieses Begriffes genau das Gegenteil passiert.

Der Begriff „Rasse“ diente in der Biologie lange dazu, die Varianzen innerhalb einer Art zu berücksichtigen. In der Tierwelt mag sich dies bewährt haben. Bei uns Menschen beträgt die Genvarianz rund 50 von rund 25.000 Genen, die uns als Menschen ausmachen. Das sind gerade mal rund 0,2% Abweichungen. Abweichungen von was eigentlich? Die Varianzen betreffen vor allem Haarstruktur, Haarfarbe, Hauttypen, Gesichtszüge oder das Thema Größe. Nichts davon ist in Bezug auf das Menschsein wirklich relevant. Denn jede dieser Abweichungen gibt es auch länderspezifisch. Wen interessiert die Größe bei einem Menschen, in Bezug auf das Mensch Sein? Wen interessiert, was jemand für Haare hat, Hauptsache es sind welche da. Ich z.B. wäre froh, wenn ich noch welche hätte.

Mathematisch sind 0,2% nicht einmal annähernd signifikant. Das mag wohl auch der Grund sein, weshalb ein Großteil der Wissenschaftler den Begriff Rasse auch als obsolet ansieht. Menschen in Typen, Rassen oder Gruppen einzuteilen, trägt immer die Gefahr in sich, andere Menschen deshalb auszugrenzen, herabzuwürdigen und sie zu separieren.  Und jeder Separierungsversuch mit Hilfe von Rassenerklärungen ist aus meiner Sicht schlicht menschenverachtend! Denn die Zahl von 0,2% an Genvarianz rechtfertigt aus meiner Sicht nicht, Menschen abzugrenzen, egal in welcher Richtung. Denn Mensch ist Mensch.

Wenn es also gar keine signifikanten Rassenunterschiede beim Menschen gibt und der Begriff „Rasse“ beim Menschen unangebracht und menschenverachtend ist, müsste dann nicht der Begriff „rassistisch“ auch aus dem Sprachgebrauch verschwinden?  Und bekennt sich nicht jeder, der den Begriff „rassistisch“ verwendet, dann auch automatisch dazu, dass es ja Rassenunterschiede gäbe?  

Wenn dem so wäre, wäre dies ja per se menschenverachtend, unwürdig und paradoxerweise vor allem eines: Nämlich „rassistisch“!

Der Begriff „rassistisch“ wird umso irritierender, wenn Menschen Menschen aus anderen Ländern beschimpfen und beleidigen. Das hat aus meiner Sicht, nichts mit Rassismus zu tun, sondern ausschließlich mit Fremdenfeindlichkeit! Denn Italiener, Türken oder Syrer, Amerikaner oder Franzosen als Rasse zu bezeichnen, ist nicht nur biologisch falsch, sondern vor allem eines: Es ist menschenverachtend.

Ich denke, wir sollten aufhören, andere, die anders sind und anders denken, zu beschimpfen, sie mit Pauschalbegriffen, deren Bedeutung beim näheren Hinsehen letztlich das Gegenteil bewirkt, zu überziehen, egal ob es sich um Kritiker oder um Menschen aus anderen Kulturen handelt.

Wir sollten stattdessen die Offenheit aufbringen, das Fremde solange kennen zu lernen, bis es eben nicht mehr fremd ist, sondern vertraut. Das gilt für alle Akteure auf diesem Planeten.

Am Ende geht es immer um gegenseitigen Respekt und darum, Neues nicht stets als Krise und Bedrohung zu sehen, sondern vor allem als Chance.